Eric und James sind beide in einer Immobilienverwaltung in BETTERHOMES Town tätig. Ihr Arbeitgeber bewirtschaftet diverse Liegenschaften – sie sind also mit den doch etwas langwierigen und oft manuellen Prozessen der Verwaltung verschiedener Objekte bestens vertraut.
Die Digitalisierung und Technologisierung hat in vielen Branchen Einzug gehalten: Fintech in der Finanz-, Insurtech in der Versicherungs- und Foodtech in der Nahrungsmittelindustrie – um nur einige zu nennen. In der Immobilienwirtschaft spricht man von Proptech – der Kombination von «Property» und «Technology»: Es steht für moderne technologische Entwicklung in der Immobilienbranche.
Diversität von Proptech-Unternehmen
Ziel der Proptech-Firmen aller Bereiche ist es, Lösungen für die Immobilienwirtschaft zu erarbeiten und umzusetzen, und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Doch was können Proptechs denn besser?
Um die bis dato wenig erforschte Proptech-Landschaft in der Schweiz zu erfassen, wurden im Swiss PropTech Survey 2017 45 Proptechs aus der Schweiz befragt. Ziel war es, mehr über diejenigen Unternehmen zu erfahren, die sich selbst vorgenommen haben, traditionelle Geschäftsmodelle zu revolutionieren.
Ein bewährtes Geschäftsmodell revolutionieren zu wollen, bedarf einer grossen Portion Selbstvertrauen. Auf die Frage hin, was die Firmen denn als ihren grössten Wettbewerbsvorteil sähen, ergaben sich folgende Ergebnisse:
28% sehen den grössten Vorteil in neuen Technologien/neuen Produkten, 22% im verbesserten Einsatz von Daten/Informationen. 19 bzw. 16% nennen effizientere Prozesse und neue disruptive Geschäftsmodelle ihre Wettbewerbsvorteile.
Durchschnittlich erwähnte jedes Proptech-Unternehmen mehr als zwei komparative Vorteile. Sie setzen die Konkurrenz also gleich auf mehreren Ebenen unter Druck. Dies zeigt sich auch in ihren Wachstumszahlen: Im Jahr 2015 wurden weltweit USD 2.0 Mrd. in Proptech-Firmen investiert (gemäss Daten von CB Insights), 2016 bereits USD 2.7 Mrd.
Das sind die Herausforderungen
An Ideen mangelt es selten – das Finden von Gleichgesinnten und das Schmieden von Plänen ist nicht das Problem. In punkto Finanzierung wird es bereits schwieriger: Meistens tragen die Gründer und deren Partner das Risiko. In der Gründungsphase werden sie oft von Familie und Freunden unterstützt; erst in der Wachstumsphase spielen Venture-Kapitalisten und Business Angels eine Rolle. Die Finanzierung ist jedoch nicht die grösste Herausforderung, der sich Proptech-Start-ups stellen müssen: An erster Stelle nennen sie laut Swiss Proptech Survey 2017 die Ausweitung der Kundenbasis (70%). Da viele Geschäftsmodelle von Start-ups einen grossen Netzwerkcharakter aufweisen, ist es klar, warum rasches Wachstum für sie unabdingbar ist. Eine zweite Herausforderung sehen die Proptechs in der Rekrutierung der richtigen Mitarbeiter (41%). Auch diese Hürde muss vor dem Hintergrund des starken Wachstumswillens der Proptechs gelesen werden, da sie gemäss eigenen Angaben ihre Belegschaft in den nächsten zwölf Monaten verdoppeln wollen.
Und wie sehen es die anderen Player im Business?
Die andere Seite der Medaille – nämlich diejenige der Entscheidungsträger im Immobiliensektor – wurde im Rahmen der KPMG Studie «Bridging the gap» (2017) beleuchtet: 130 Real Estate Entscheidungsträger aus 36 Ländern wurden dazu befragt, wie der globale Immobiliensektor auf Proptechs reagiert und welche Massnahmen unternommen werden, um sich an diese Entwicklung anzupassen. Die Studie zeigt klar auf, dass weit bekannt ist, welches Potenzial die Proptechs mit sich bringen, jedoch bisher nur wenige Organisationen mit der Adaption an die neuen Prozesse/Techniken begonnen haben. Viele haben zwar Schritte unternommen, um in Technologie und Innovation zu investieren, aber in vielen Fällen fehlt es an echtem Engagement oder die Massnahmen sind nur auf einzelne Geschäftsbereiche beschränkt.
Zurück in die Schweiz
Schwyter Digital GmbH hat die Entwicklung der Proptechs in der Schweiz genauestens auf dem Radar. Auf ihrer PropTech Map wird ersichtlich, in welchem Sektor welche Unternehmen/Start-ups angesiedelt sind. Laut Heinz M. Schwyter, Gründer der Schwyter Digital GmbH und der Proptechnews, gibt es in vielen Bereichen spannende Entwicklungen; das grösste Potenzial für Digitalisierungsschritte sieht er jedoch in der Prozessoptimierung im Bereich der Bewirtschaftung von Immobilien.
Vermietung und Verkauf
Gerade in der Immobilienbewirtschaftung gibt es viele repetitive manuelle Tätigkeiten, die grosses Verbesserungspotenzial in punkto Effizienz bergen: Heute ist es so, dass jemand, der auf Wohnungssuche ist, für jedes einzelne Objekt jeweils ein Anmeldeformular ausfüllen muss. Dieses wird dann wiederum manuell weiterverarbeitet. Gerade für solche Szenarien bieten Proptechs Lösungsansätze, die diese oft komplizierten und langwierigen manuellen Vorgänge reduzieren oder gar ablösen sollten. Doch viele davon sind sogenannte Silo-Lösungen (starkes Abteilungsdenken) – wirklich durchgehende Prozesslösungen findet man nur sehr wenige.
Im Verkauf von Immobilien steht für die angesiedelten Proptechs die optimierte Darstellung von Immobilien und die Nutzung neuer Technologien im Vordergrund.
Augmented Reality und Virtual Reality
Auch im Bereich AR und VR erkennt Schwyter viel Potenzial: Hier werden in den Bereichen Objektdarstellung und Visualisierung Innovationen betrieben. Wie Schwyter postuliert, sind die Vorteile der Digitalisierung nicht von der Hand zu weisen: Anstatt dass sich alle Interessierten ein Objekt vor Ort ansehen, können sie es virtuell besichtigen. So verschaffen sie sich einen ersten Eindruck, ohne sich mehr Aufwand durch Anreise etc. aufzubürden. Auch für den Makler/die Maklerin bietet dieses Vorgehen Vorteile: Er/sie kann sich um diejenigen Interessentinnen und Interessenten kümmern, die sich nach dem ersten Eindruck immer noch für das Objekt interessieren. Die Opportunitätskosten sinken bei diesem Beispiel also für beide Parteien.
Blockchain – die grosse Zukunft?
Ein Thema, das zurzeit noch eher im Hintergrund ist, in Zukunft aber eine grosse Rolle spielen wird, ist das Thema „Blockchain und Immobilienbranche“. Unter Blockchain kann man sich eine riesige dezentrale Datenbank vorstellen, über die stark verschlüsselte Transaktionen laufen. Es ist wie eine Kette, wobei jedes Glied davon eine Transaktion darstellt. Jedes Glied trägt und übergibt verschlüsselte und gespeicherte Daten an das nächste weiter. Für die Immobilienbranche eröffnen sich dadurch unzählige Chancen: Man denke dabei zum Beispiel an ein digitales Grundbuch (bereits in einigen Kantonen aktiv) oder an eine Immobilien-DNA, die komplett auf Blockchain-Basis gebaut ist. Heinz M. Schwyter erklärt auf seinem Blog Proptechnews Genaueres zu diesem zukunftsweisenden Thema.
Proptechs sind die Zukunft – und was passiert mit der Branche, wie wir sie kennen?
Die Immobilienbranche wird sich verändern – alte Prozesse werden durch neue abgelöst werden, Firmen werden sich wandeln und ihre Schwerpunkte neu setzen. Natürlich gibt es Bereiche, die dem technischen Fortschritt weniger «ausgeliefert» sind als andere; so bleibt es zu bezweifeln, ob Onlinemakler jemals den Immobilienberater/die Immobilienberaterin ersetzen werden, da der Faktor Mensch in diesem Gebiet eine unglaublich wichtige Rolle spielt. Doch wie Schwyter passend meint: «Wo der Mensch bei all dieser Technologie bleibt? Das werden wir dann wohl sehen.»
Sehen Sie sich unser Interview mit Heinz M. Schwyter auf unserem Youtube-Kanal an oder lesen Sie es auf unserem Blog!
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Bilder: © BETTERHOMES AG